Weideflächenbedarf

Der notwendige Weideflächenbedarf des Pferdes wird meist unterschätzt. Bei 24h-Weidehaltung fressen Gross- Pferde durchschnittlich ca. 60 – 80 kg Gras.

Um diese Menge aufnehmen zu können, benötigt ein Pferd folgenden täglichen Weideflächenbedarf mit dem Ihr bei Euren Projekten kalkulieren müsst:

Grashöhe 15 cmGrashöhe 25 cm
Pony 200 kg LM60 m2/Tag30 m2/Tag
Pony 400 kg LM70 m2/Tag40 m2/Tag
Gross- Pferd 600 kg LM100 m260 m2/Tag
Schweres Warmblut 800 kg LM150 m2/Tag80 m2/Tag

Die Weidehaltung ist immer noch die gesündeste und gleichzeitig preiswerteste Pferdehaltung.

Nitrat: Die unterschätzte Vergiftungsgefahr!

Mittlerweile gibt es mehr Tiervergiftungen durch Nitrat, als durch „klassische“ Giftpflanzen.

Eigentlich ist Nitrat (NO3) ein lebensnotwendiger Pflanzennährstoff und auch nicht giftig. Nur wenn Nitrat durch Massentierhaltung und industrielle Landwirtschaft in so hohen Mengen anfällt, dass die Landwirte Gülle und Biogas- Gärreste nicht als Dünger nutzen, sondern auf Ackerflächen und dem Grünland einfach nur entsorgen, dann findet sich das in der Gülle und in den Gärresten befindliche Nitrat ruck-zuck im Trinkwasser, in Gräben, Teichen und Flüssen wieder und die Pflanzen speichern sehr hohe Nitratmengen in ihren Stengeln.

Und genau hier beginnt das Problem für unsere Pferde: Sie reagieren ausgesprochen empfindlich auf überschüssiges Nitrat im Tränkwasser und im Futter. Nitrat ist heimtückisch. Es schädigt gleich dreifach:

  1. Entzündungen im Magen-Darm-Trakt
  2. Durchblutungsstörungen durch Blutdruckabfall
  3. Gestörte Sauerstoffbindung durch chemische Veränderung der Roten Blutkörperchen (Hämoglobinveränderung)

Bei übermäßiger Nitrataufnahme durch Pflanzen und Wasser führt es zu Verdauungsstörungen, Durchblutungsstörungen und zu Inneren Erstickungen, weil die Roten Blutkörperchen weniger und im Extremfall kein Sauerstoff mehr in die Muskeln und das Gehirn transportiert. Also immer bei nicht erklärbaren Verdauungsstörungen und Leistungsminderungen immer auch an eine schleichende Nitratvergiftung denken.

Saufen Pferde z.B. aus stehenden Gewässern Wasser mit hohen Nitratgehalten, kann dies innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen, die Tiere ersticken, obwohl sie übermäßig atmen. Das typische Innere Ersticken (Anomie).

Wenig Pferdehalter wissen, dass Pferde wesentlich empfindlicher auf Nitrat im Tränkwasser reagieren, als Menschen und denken bei unerklärlichen Leistungsminderungen und Verdauungsstörungen nicht an eine schleichende Nitratvergiftung, sondern reagieren mit einer höheren Kraftfutterfütterung, weil das Pferd so schlapp ist. Jetzt beginnt ein Teufelskreis: Gerade alle Kraftfutterpflanzen, wie z.B. auch Hafer, speichern besonders viel Nitrat. Die Pferde reagieren auf die höhere Kraftfuttergabe mit noch stärkerer Nitratvergiftung und noch schlechterer Leistungsfähigkeit. Spätestens jetzt reagiert manch Reiter/in in seiner Hilflosigkeit auch mit verstärkten, konsequenterem Training und zusätzlichen Energiegaben. Ein klassischer Teufelskreis der leicht in einem Desaster mit Kolik, Magengeschwüren, Kotwasser, Widersetzlichkeiten und einer nicht mehr angemessenen Hilfengebung führt.

Folgende Pflanzen speichern besonders viel Nitrat und problematisch in der Pferdefütterung:

Hafer, Gerste, Mai, Sonnenblumen, Rüben, Rote Beete, Möhren, Raps, Brennnessel. Gräser und Leguminosen sind schlechte Stickstoffsammler, wenn sie moderat gedüngt werden (50 – 70 kg N/Jahr/Hektar). Sehr viel Nitrat durch Nitrit ist in Futterkonserven, die während der Lagerung warm wurden!!!

Jeder, der kein Pferdefutter verkauft, weiß, dass die Samenqualität der Hengst durch Futter oder anderen Zusatzfuttermitteln nicht verbessert werden kann. Anstelle der teuren Zusatzfuttermittel, der Verkäufer ist glücklich, sollten Deckstellenbetreiber einfach einmal das Tränkwasser kontrollieren. In welchen Regionen das besonders wichtig ist, seht Ihr in der unten abgebildeten Karte des Umweltbundesamtes.

Folgende Grenzwerte werden in der Wissenschaft genannt:

NitratgehaltHäufigkeit in DeutschlandVergiftungssymptomeUrteil
0 - 25 mg/Liter60%keinebedenkenlos
25 - 50 mg/Liter20%Leistungsminderungen, Verdauungsprobleme, verminderte Samenqualität, untergewichtige FohlenSchleichende Vergiftung
50 mg/Liter und mehr20%Innere Erstickung (Anoxie), Koliken, Fohlenverluste durch Aborteakute, lebensbedrohende Vergiftung

 

Da nach Information des Umweltbundesamtes nur ca. 60 % des Grundwassers in Deutschland 0- 25 mg Nitrat/l enthält und ca. 40 %mit mehr als 25 mg Nitrat/l belastet ist, kann Grundwasser aus Hausbrunnen zum Tränken der Pferde nur nach sorgfältiger Untersuchung genommen werden. Die nachfolgende Landkarte des Umweltbundesamtes zeigt die größten Nitratrisikoregionen in Deutschland. Wenn die Nitrateinträge so rasant weitergehen, wie in der Vergangenheit, dann werden die Oldenburger ihre Pferde mit Mineralwasser tränken müssen.

Mehr Infos zu diesem Thema findet Ihr hier:

Ende Februar: Jetzt schon wieder an Bodenproben denken!

Sobald nach diesem Wintereinbruch die Böden wieder aufgetaut sind, kann und sollten Bodenproben vom Dauergrünland genommen werden.

Die LUFAs (Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalten) haben auf ihrer Internetseite hervorragende Anleitungen, wie die Bodenproben zu nehmen sind. Dabei ist sorgfältiges Arbeiten Pflicht, denn 300 – 500 g Boden geben die Realität einer ganzen Weide/ Wiese wieder.

Beim Dauergrünland für Pferde ist eine Standard- Bodenprobe absolut ausreichend. Standard- Bodenprobe bedeutet immer: P, K, Mg, pH- Wert für den Ca- Bedarf.

Eine Nmin- Untersuchung ist nicht notwendig. Bei der N- Düngung ist sowohl die Schonung der Umwelt, die Futtermittelqualität als auch die Ertragserwartung in eine vertretbare Balance zu bringen. Diese Abwägung ist ein typischer Prozess in der nachhaltigen Bewirtschaftung eines Betriebes. Es gilt die drei Faktoren Umwelt, Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen.

Als Idealdüngemenge eines Wachstumsjahres für den Pflanzennährstoff Stickstoff (N) gilt:

50 – 70 kg N/Jahr/Hektar

Alle angehenden Pferdewirtschaftsmeisterinnen/er, die in diesem Jahr ihr Projekt beginnen, sollten grundsätzlich alle Dauergrünlandflächen beprobten, damit, gleich wie das Projekt dann verläuft, immer auch Untersuchungswerte vorliegen. Sollte sich nämlich im Laufe des Projektes herausstellen, dass Bodenproben hätten vorliegen sollen oder müssen, sind diese nachträglich nicht mehr zu beschaffen. Im schlimmsten Falle muss das Projekt wiederholt werden.

Nehmen wir einmal an, zu einem bestimmten Zeitpunkt bekommen Eure Pferde Koliken oder Hufprobleme. Dann wäre es für Euer Projekt segensreich, mit dieser Situation umzugehen und diesen Prozess zu dokumentieren. Sichere und professionelle Aussagen sind dann aber nur zu machen, wenn genaue Aussagen zur Nährstoffversorgung des Grünlandes vorliegen. Und das geht ohne Bodenprobe nicht seriös.

Ich will auch darauf hinweisen, dass in vielen Fällen eine ordnungsgemäße Beprobung zur guten fachlichen Praxis eines Pferdebetriebes  und deshalb zur pflichtgemäßen Aufgabe des Betriebsleiters/in gehört. Und deshalb gehören Bodenproben zum Standardgeschäft und somit in ein Projekt, auch wenn es sich vorrangig nicht mit dem Grünlandmanagent beschäftigt.

Hier in der Eingangsbearbeitung landen Eure Bodenproben und werden in die Laborbehältnisse umgefüllt. Wer seine nicht lesbar und dauerhaft beschriftet hat, wird sie nie wiederfinden.

Praxistipp:

  • Hilfreich bei der Probennahme ist ein Grünland- Bohrstock, den die LUFA NRW für 45.- anbietet. Dort können gleich die kostenfreien Bodenprobentüten, Antragsformulare und Anleitungen mitbestellt werden.
  • Die regionalen LUFAs Eures Bundeslandes findet Ihr hier: www.vdlufa.de . Auf der Seite könnt Ihr dann auch sehen, ob es Probentüten, Abholpunkte gibt oder Infomaterial heruntergeladen werden kann.
  • Generell könnt Ihr jede LUFA in Deutschland nutzen. Dennoch empfehle ich den regionalen Anbieter, weil die Düngeempfehlungen dann auch regional sind, denn zwischen einer Marsch- und einer Almweide gibt es mehr als minimale Unterschiede. Und ob sich die Niedersachsen mit Almen auskennen?
  • Eine Bodenprobe (P,K,Mg,pH) kostet durchschnittlich zwischen 10 – 20 €.
  • Wenn Ihr Probleme mit der Probennahme habt, weil Euch die Erfahrung fehlt, dann fragt einfach mal bei einem gut arbeitenden Landwirtschaftsmeister nach. Der sagt Euch auch, um welche Bodenart es sich handelt.

Giftpflanzenbuch mit großem Update

Nach dem kompletten Update des Buches Giftpflanzen für Pferde ist in der zweiten Auflage jetzt die Pferdewirtprüfung (Bd. 10) -Giftpflanzen- entstanden. Nur mit dem Erscheinungsdatum 2018 und der ISBN 978-3746006864 habt Ihr die neue 2. Auflage in den Händen.

Ganze 9 Jahre hat es schon auf dem Buckel gehabt, das Buch Giftpflanzen für Pferde. Dringend nötig das große Update zur 2. Auflage 2018. Nicht nur das Äußere (Titel, Format, Farbe, Grafik) hat sich verändert und ist damit zum Band 10 der Reihe Pferdewirtprüfung geworden, sondern, und das ist viel wichtiger, der Inhalt wurde an die neuen Erkenntnisse der Toxikologie angepasst und neuere Entwicklungen für Pferdehalter in Specials zusätzlich in der brandneuen 2. Auflage aufgenommen:

  • Bei den Kreuzkräutern steht nicht so sehr die Giftigkeit der Kreuzkräuter im Vordergrund, das ist allgemein bekannt, im Fokus steht, wie Pferdehalter eine erfolgversprechende Kreuzkrautprophylaxe installieren können, um ihre Pferde zu schützen.
  • Völlig unterschätzt wird mehrheitlich in der Pferdehaltung die nicht unerhebliche Gefahr der Nitrat- Vergiftung. Ursächlich verantwortlich bei der oft schleichenden, meist übersehenen Nitratvergiftung ist die Überdüngung der Böden und Gewässer hauptsächlich durch die Massentierhaltung. Da, wo Gülle und Rückstände aus der Biogasproduktion nicht zur Düngung, sondern zur Entsorgung auf die ohnehin schon üppig versorgen Böden ausgebracht wird, reichern nicht nur das Bodenwasser, sondern auch viele Pflanzen große Nitratmengen an, die bereits in geringer Konzentration zu Vergiftungen führen, die mit Darmentzündungen und Leistungsminderungen beginnen. Es gibt Toxikologie die berichten, dass die Vergiftungen mit Nitrat ein größeres Ausmaß haben, als „klassische“ Vergiftungen durch Pflanzen.
  • In neuerer Zeit wird die „Zucht“ von bekämpfungsresistenten Giftpflanzen zu einem großen Problem. Durch nicht fachgerechten Einsatz von Herbiziden werden in der intensiven Landwirtschaft regelrecht resistente Biotypen gezüchtet, die sich dann ungehindert auf vielen landwirtschaftlichen Flächen ausbreiten können und nicht nur im Futter wieder auftauchen, sondern auch in Saatreife gelangen. Große Probleme gibt es bereits bei Kreuzkräutern und dem Schwarzen Nachtschatten.
  • Erinnert wird einmal mehr über die besondere Vorsicht von Pferdehaltern mit ihren Gartennachbarn. Immer öfter wird der Gartenschnitt über den Koppelzaun entsorgt. Das geht nicht selten tödlich aus.
  • Und natürlich gibt es klare Ratschläge, wie Pferdehalter ihr Pferd und später auch dem Tierarzt helfen können, wenn der Fall doch eintreten sollte, den sich keiner wünscht.
  • In der 2. Auflage wurden auch die Hunde der Pferdehalter nicht vergessen. Alle Pflanzen, die auch für Hunde problematisch werden können, sind, soweit bekannt, markiert.
  • In einem Teil werden diejenigen Pflanzen beschrieben, die Pferdehalter nach dem heutigen Wissensstand sorglos um ihre Weiden Pflanzen können. Hier eignen sich sehr gut sogenannte Knicks, also Hecken. Eine eindeutige WIN-WIN-Situation für Pferdehalter, Pferde und Natur und ein lupenreines Beispiel für Nachhaltigkeit, also die Vereinbarkeit von Ökonomie, Ökologie und Sozialem.

Die Beschäftigung mit diesem Praxisbuch für alle Pferdehalter ist geeignet, Pferdeleben zu retten, denn, da sind sich alle Toxikologie einig, 90% aller Vergiftungen hätten sich vermeiden lassen.

Die bibliografischen Angaben:

Dietbert Arnold: Pferdewirtprüfung (Bd.10) -Giftpflanzen-, (BOD) Norderstedt 2018, ISBN 978-3746006864

Erhältlich beim Verlag BOD, im Internethandel wie amazon, buecher.de, Hugendubel.de  sowie in jedem Buchladen zu bestellen.

Tipp: Bei der Bestellung erst auf das Erscheinungsjahr 2018 schauen und danach den günstigsten Preis (inclusive Porto und Verpackung) aussuchen. Nicht, dass Ihr noch ein altes Buch untergejubelt bekommt. Die Verwendung der alten Auflage kann aus fachlicher Sicht nicht mehr empfohlen werden!

Neuer organischer Mehrnährstoffdünger auch für Biolandbau

Jeder Pferdehalter kann ab sofort auch einen neuen, organischen Mehrnährstoffdünger auf seinem Grünland einsetzen. Zwei Dinge machen den  Dünger interessant: Es handelt sich um eine organische und nicht mineralische Mehrnährstoff- Düngelösung, die auch im Biolandbau eingesetzt werden kann.

Pensionsbetriebe, die als Alleinstellungsmerkmal für ihre Kunden nachhaltig wirtschaften wollen, können die organische Mehrnährstoff- Düngelösung erfolgversprechend einsetzen, weil die organischen Nährstoffe sich besser an den Bodenhumus binden und erst in der Wachstumsperiode mineralisiert und somit pflanzenverfügbar werden. Das umweltschädigende Auswaschen der Nährstoffe in das Grundwasser wird deutlich reduziert. Die organische Düngergabe intensiviert das Bodenleben und ist deshalb auch für den Biolandbau geeignet.

Folgende Nährstoffe enthält der flüssige Mehrnährstoffdünger

Kalium (K2O): 6,25%

Stickstoff (N): 2,9%

Ammonium-N: 0,3%

Phosphor (P2O5): 0,8%

Magnesium (MgO): 0,4%

Schwefel (S): 0,9%

Organische Masse: 41%

Mehr Infos über Preise, Lieferung und Ausbringung findet Ihr hier

Paradigmenwechsel im Tierschutz

 

Die Steppe mit ihren rohfaserreichen, aber energiearmen Gräsern ist der ideale Lebensraum der Pferde. Auch heute noch.

Ein Projekt zum Pferdewirtschaftsmeister muss auch tiergerecht sein. Das fordert nicht nur die Verordnung zum Pferdewirtschaftsmeister, sonden auch das Tierschutzgesetz. Wer heute ein Projekt plant, das den Anspruch der Tiergerechtigkeit haben soll, muss sich mit einem Paradigmenwechsel in der Tierhaltung auseinandersetzen. Sowohl im Sinne der Tiere als auch det Kunden, damit deren Akzeptanz nicht in Ablehung des Betriebes umschlägt.

Stand in der Vergangenheit die Tierquälerei sowie das Vermeiden von Schmerzen und Leiden im Fokus des Tierschutzes, konzentriert sich die Wissenschaft heute mehrheitlich auf die ethisch motivierte sowie ethologisch geprägte Tiergerechtigkeit (1). Die Briten bezeichnen Tiergerechtigkeit sehr anschaulich als „animal welfair (2), während Werbeargenturen in Deutschland im Auftrag von Politikern, Landwirtschaftsfunktionären und der Lebensmittelindustrie den marketinglastigen Begriff „Tierwohl“ kreierten, der weniger präzise ist, als die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung „Tiergerechtigkeit“ (3).

Tiergerechtigkeit meint nach heutiger, wissenschaftlicher Sicht nichts anderes, als das Bemühen eines Tierhalters, dafür zu sorgen, dass es seinen von ihm abhängigen Mitgeschöpfen ( Familienmitglieder der Kunden) gut geht.

Tiergerechtigkeit ist viel mehr, als das bloße Vermeiden von Schmerzen, Leiden und Quälereien, es ist diejenige Haltung, bei der das Tier aus wissenschaftlicher, ethologischer Sicht seine genetisch in der Evolution erworbenen und fixierten Bedürfnisse so gut als möglich befriedigen, ausleben kann. Das verlangt vom Tierhalter, dass er das durch die Evolution geprägte Normalverhalten seines Tieres genau kennen muss, um eine tiergerechte Haltung bieten zu können. Ethologische Grundkenntnisse müssen noch stärker als bisher im Fokus der Tierhaltung stehen und bei der Beurteilung von Tierhaltungen herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang muss zweifellos festgestellt werden, dass sich die Einstellung der vermehrt urbanisierten Gesellschaft zum Pferd wesentlich verändert hat. Es ist nicht mehr Nutztier, sondern Familienmitglied („companion animal“) mit einer sehr persönlichen Mensch- Tier- Beziehung und einem dementsprechend großen Engagement des Halters für die tiergerechte Haltung eines Pferdes. Derzeit lehnt die Mehrheit der urbanen Bevölkerung die Pferdehaltung/- nutzung noch nicht generell ab, zeigt aber schon ein deutlich zu registrierendes Unbehagen mit der derzeitigen Praxis (4). Wenn sich dieser Trend fortsetzt, gleich mit welchen berechtigten oder unberechtigten Argumenten, und dabei die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber der Pferdehaltung/ -nutzung schwindet, wird es zu einer existenziellen Depression in diesem Sport/ Wirtschaftsbereich kommen.

Pferden geht es gut, wenn sie 15h fressen und dabei sich im Schritt bewegen können, 7h ruhen dürfen und 2h am Tag Zeit haben sich mit sich und den Herdenmitgliedern zu beschäftigen.

Konzentriert sich ein Pferdewirtschaftsmeister bei der Beurteilung der generellen Tiergerechtigkeit vorrangig auf die Befriedigung der genetisch fixierten Bedürfnisse des Pferdes, dann stehen zwangsläufig die drei große Indikatoren zur Beurteilung einer tiergerechten Pferdehaltung in folgender Wichtigkeit vorrangig zur Diskussion (5) (6):

1. Futteraufnahme und gleichzeitige Bewegung (ca. 2/3 aller Bedürfnisse)

Aus ethologischer Sicht ist die Bewegung des Pferdes überwiegend der Futteraufnahme zuzuordnen, denn das Pferd frisst unter gleichzeitiger, ständiger Bewegung in der langsamen Gangart Schritt. Trab und Galopp werden nur bei Flucht oder Sozialverhalten beobachtet. Das Bedürfnis Bewegung ist deshalb zu überwiegendem Teil nur im Zusammenhang mit dem Bedürfnis Futterausnahme zu diskutieren, denn die Bewegung dient, bis auf wenige Ausnahmen, dem höherrangigem Ziel Futteraufnahme. Die Anatomie und Physiologie des gesamten Verdauungsapparates hat sich im Laufe der Evolution ausschließlich auf energiereduziertes, rohfaserhaltigen Grundfutter spezialisiert. Pferde fressen durchschnittlich 15 h/d, Fresspausen sind im Normalfall nicht länger als 3-4 h. Eine maßgebliche Kraftfutterfütterung erfüllt nicht die genetisch fixierten Bedürfnisse des Pferdes nach vielstündiger Futteraufnahme bei gleichzeitiger Bewegung im Schritt und kann daher nicht als tiergerecht bezeichnet werden. Das nicht befriedigte Bedürfnis der vielstündigen Futteraufnahme des Pferdes bei gleichzeitiger Bewegung korreliert mit dem massenweise Auftreten der oftmals vermeidbaren „Zivilisationskrankheiten“, wie EMS (Diabetes Typ II), Hufrehe, Kolik, Magengeschwüre, OC/ OCD, Problemverhalten, usw.. Die Wissenschaft sieht ein erhebliches Potential, eine tiergerechtere Pferdehaltung zu optimieren, denn das durchschnittliche Pferd ist nur 5,5 Jahre nach dem 3. Lebensjahr in Nutzung und unsere Pferde erreichen gerade einmal die Hälfte des biologisch möglichen Lebensalters (7) (8).

2. Ruheverhalten (ca. 1/3 aller Bedürfnisse)

Stehen und Liegen muss für ca. 7 h/d ermöglicht werden.

3. Komfortverhalten (ca. 1/10 aller Bedürfnisse)

Insgesamt haben Pferde das Bedürfnis, sich 2 h/d zu scheuern, zu wälzen, gegenseitig das Fell zu pflegen sowie dem Sexualtrieb nachzukommen.

   selbstverständlich haben Hütesicherheit, Klimaansprüche, Verletzungssicherheit, Bodenqualität, Futtermittelhygiene, usw. weiterhin eine wesentliche Bedeutung bei der Beurteilung einer tiergerechten Pferdehaltung.

Wenn ein Pferdewirtschaftsmeister den ethisch motivierten Tierschutzansatz der Wissenschaft aufgreift (aufgreifen muss?), dann wird das zwangsläufig auch zu einer veränderten Beurteilung der Tiergerechtigkeit führen können.

Mögliche, zur Diskussion anregende Beispiele:

  • Ein mehrstündiger Paddockaufenthalt ohne Grundfutteraufnahme befriedigt nicht das Grundbedürfnis von Futteraufnahme und Bewegung.
  • Alleinige, langandauernde Bewegung beim Turnier ist ohne Grundfutteraufnahme kritisch zu sehen.
  • Mindestens 12h/d, besser 15h/d Futteraufnahme sind mit Kraftfuttermitteln (Fressgeschwindigkeit 10 min/h/kg) nicht zu realisieren.
  • Bei 15h Futterzugang von Heu (MEPferd 6MJ/kg) und einer Fressgeschwindigkeit von 1 kg Heu/h nimmt ein Warmblutpferd geschätzt 90 MJ/d auf und kann damit eine mittlere Arbeitsleistung (+50% über Erhaltungsbedarf) energetisch ausgleichen (9).
  • Es ist zu diskutieren, ob Kraftfuttermittel überhaupt in einer als tiergerecht zu bezeichnenden Ration zum Einsatz kommen sollen/ dürfen.
  • Es ist zu diskutieren, ob dauerhafte Leistungen des Pferdes, die einen höheren Ausgleich von deutlich mehr als 50% erhöhtem Energiebedarf mit hochkonzentrierten Kraftfuttermitteln erfordern, noch tiergerecht sind.
  • Eine überwiegende Boxenhaltung ist keinesfalls tiergerecht, weil das langstündige Bedürfnis nach Futteraufnahme kombiniert mit Bewegung sowie das mehrstündige Bedürfnis nach Komfortverhalten nicht befriedigt wird.
  • Die alleinige Forderung nach isolierter, teils mehrstündiger Bewegung (Reiten, Paddock, Reithalle, usw.), um Pferde tiergerecht halten zu können, ist ohne Grundfutterangebot nicht zielführend zum Erreichen der Tiergerechtigkeit.

Literatur

(1) vergl. Aurich (Wien), Kunzmann (Hannover), Zeitler- Feicht (München), Bohnet (Hannover), Schrader (KTB) (Darmstadt), Wechsler (Ettenhausen CH)

(2) gemäß der vom “UK Farm Animal Welfare Council” formulierten “Five Freedoms”, heute ersetzt durch das “Farm Animal Welfare Committee”

(3) Methling und Unshelm: Umwelt- und tiergerechte Haltung von Nutz-, Heim- und Begleittieren, Berlin 2002:

(4) Aurich: Vortrag beim Berufsreitertag der BBR 2017, Neustadt/Dosse

(5) nach Schrader (KTBL): https://www.ktbl.de/inhalte/themen/tierhaltung/tierart/pferd/allgemein/tierverhalten/ und Zeitler- Feicht: Handbuch Pferdeverhalten, Stuttgart 2015

(6) KTBL: https://www.ktbl.de/fileadmin/user_upload/artikel/Tierhaltung/…/Tierverhalten.pdf

( 7) Brade: Berichte in Landwirtschaft  Bd.91, H.1, 3/13 (Bundesministerium für Ernährung  und Landwirtschaft)

(8) Hübbers: Tiergerechte Pferdehaltung, Bildungsseminar für die Agrarverwaltung Rheinland- Pfalz

(9) vergl: Arnold: Pferdewirtprüfung (Bd.8) –Tabellen zur Pferdefütterung-, Norderstedt 2016

Tagesfutterplan, damit es den Pferden gut geht

Längst reicht es nicht mehr aus, die verbrauchte Energie beim Pferd einfach nur auszugleichen. Verlangt wird derzeit, dass es den Pferden durch die Fütterung auch gut geht.

Ein alleiniger Ausgleich der verbrauchten Energie eines Pferdes würde im Extrem bedeuten, dass z.B. die notwendigen 80 MJ je Tag eines Großpferdes mit 8 kg Kraftfutter ausgeglichen werden. Eine bloße Rationsberechnung garantiert also nicht, dass es unseren Pferden auch gut geht.

Die Beschäftigung mit der Verhaltensbiologie (Ethologie) der Pferde sowie der Einsatz eines Tagesfutterplans sorgt dafür, dass die Pferde satt und gleichzeitig tiergerecht gefüttert werden.

Wie der Tagesfutterplan ganz einfach eingesetzt werden kann, könnt Ihr hier nachlesen und gleichzeitig das Formular als pdf- oder Excel- Datei downloaden. Dann geht es Euren Pferden gut!

 

Stickstoffdüngung der Pferdeweiden

Entsprechend der neuen Düngeverordnung sind folgende Richtwerte bei der Düngung von Pferdeweiden einzuhalten:

  • Die Pflanzennährstoffe Phosphor (P), Kalium (K), Magnesium (Mg) sowie Calcium (Ca) sind erst nach einer Bodenprobe und entsprechender Düngeempfehlung der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) vorzunehmen. Das Ergebnis der Bodenprobe (1. Seite) sowie die Düngeempfehlung (2. Seite) sind bis zu 10 Jahre aufzuheben. Eine Düngung der Grundnährstoffe ohne Bodenprobe und Düngeempfehlung ist nicht zulässig! Das Einhalten der Düngeverordnung ist Voraussetzung für die Beantragung von Subventionen.
  • Der Nährstoff Stickstoff (N) kann entweder über eine Bodenprobe (Anlieferung im gekühlten Zustand zur LUFA!) oder aber, da kostenintensiv und umständlich, anhand der folgenden Höchstwerte der neuen Düngeverordnung vorgenommen werden:

Stickstoffdüngung von Pferdeweiden nach den Vorschriften der neuen Düngeverordnung

KulturErtragsniveauN- DüngungAnpassung an Bodenart
Weide extensiv65 dt/TM/ha/a65 kg N/ha/a
Weide intensiv90 dt/TM/ha/a130 kg N/ha/a
Anteil organische Masse (oM)Abschläge in %
schwach bis stark humoser Bodenbis 8% - 10%
stark bis stark humoser Boden8% bis 15% - 30%
anmooriger Boden15% bis 30%-50%
Niedermoormehr als 30%-80%
Auch für Pferdehalter gilt die neue Düngeverordnung. Entsprechend den Vorgaben der Verordnung ist das Weidemanagement zu planen und durchzuführen. Die extensive Weideführung ist die Idealkombination bei ökonomischer und gleichzeitig ökologischer Betrachtung. Eine extensive Weideführung kommt den Bedürfnisses der Pferde wesentlich besser nach, als intensiv gedüngtes Grünland. Interessant ist der Vergleich des Düngebedarfes einer extensiven und Intensiven Pferdeweide: Eine 100%ige Steigerung der Düngung mit doppelten Kosten erzielt lediglich eine Ertragssteigerung von nur knapp 40%.

Was ist eine Dokumentation

Bei einem Meisterprojekt besitzt die Dokumentation eine ganz wichtige, durchaus prüfungsentscheidende Funktion. Da kein Prüfer das Projekt ein Jahr Tag und Nacht beobachten will und kann, ist die Dokumentation der Beleg für das selbständig durchgeführte Projekt. Vergleichbar mit einem Fahrtenbuch beim Autofahren. Stimmen Projekt und Projektdokumentation nicht überein, werden Prüfer entweder von einer nicht fachgerechten Projektdurchführung oder eventuell von einem Täuschungsversuch ausgehen. Beides macht die bestandene Meisterprüfung nicht wahrscheinlich.

Aber wie soll denn nun eine Dokumentation aussehen?

  1. Dokumentation bedeutet in der Projektarbeit, sämtliche Ereignisse, Beschlüsse, Schritte und Maßnahmen zu beschreiben, die während des Projektzeitraums getroffen wurden.
  2. Das Ziel dieser Form der Dokumentation ist die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen für den Prüfungsausschuss.
  3. Eine fachgerechte Dokumentation beschreibt Ziele (warum?), Methoden (wie?), den Zeitablauf (wann?) sowie nennt alle eingesetzten Hilfsmittel (womit?).
  4. Wichtige Qualitätsmerkmale einer Dokumentation sind: Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Korrektheit, Editierbarkeit (bearbeiten und in veröffentlichungsfähige Form bringen, herausgebbar machen), Nachvollziehbarkeit, Prüfbarkeit, Integrität/Authentizität (z. B. Änderungshistorie), Aktualität, jederzeit durch Prüfer einsehbar.
  5. Zur Dokumentation gehören immer auch die Darstellung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, z.B. ein Qualitätshandbuch, sowie die Aufstellung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsindikatoren, denn Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit sind hochrangiges Ziel in der Pferdewirtschaftsmeister/in- Verordnung!

Die Fütterungspyramide: Nicht mehr und nicht weniger

Um mit leistungsbereiten, ausgeglichenen und widerstandsfähigen Pferden arbeiten zu können, bedarf es einer gut geplanten und gut durchdachten Fütterung.

Dabei müsst Ihr Euch immer klar machen, dass …

  1. …viel nicht viel hilft.
  2. …Muskeln nicht gefüttert, sondern nur trainiert werden können.
  3. …Fett träge, widersetzlich und krank macht.
  4. …fett ist nicht fit. 60% der Pferde in Deutschland sind zu fett.
  5. …zusätzlich verabreichte Vitamine sowie Mengen- und Spurenelemente in vielen Fällen mehr Schaden als Nutzen machen.
  6. …Grundfutteraufnahme das wichtigste, genetisch tief festgeschriebene Grundbedürfnis des Pferdes ist.
  7. …80% seines Lebens das frei lebende Pferd mit der Futteraufnahme beschäftigt ist.
  8. …Futterkarenz von mehr als 4 h Streß erzeugt und 80% aller Turnierpferde in Deutschland Magengeschwüre haben.
  9. …fast alle Vitamine sowie Mengen- und Spurenelemente bei üblicher Fütterung beim gesunden, ausgewachsenen Pferd nicht kritisch sind und deshalb nicht zusätzlich gefüttert werden müssen und teilweise auch nicht dürfen.

Die Fütterungspyramide visualisiert eine nachhaltige Pferdefütterung, damit Euer Projekt Spaß mit einem Sportpartner macht und nicht zum Kampf mit einem Gegner wird:

 

Futterbeispiele (Warmblut, ausgewachsen, 600 kg LM, 24 h)

  • Erhaltung:  10 kg Heu – 2 kg Stroh – 3 Möhren – 30g Pflanzenöl – 25g jodfreies Salz
  • Leichte Arbeit:  12,5 kg Heu – 3 Möhren – 30 g Pflanzenöl – 50 g jodfreies Salz – 1 Esslöffel Futterkalk
  • Mittlere Arbeit: 12,5 kg Heu – 3x 300 g Hafer – 3x 30 g Pflanzenöl – 3 Möhren – 100g jodfreies Salz, – 1 Esslöffel Futterkalk

 

Um weitere Beispiele erstellen zu können, benötigt Ihr eine aktuelle Futtermitteltabelle und ein Rationsberechnungsformular.

Brauchen Pferde Kraftfutter und Kräuter

(Foto: Takhi.org – Wiederansiedungsprojekt des Steppenpferdes durch die  International Takhi Group)

Der ursprüngliche Lebensraum unserer Pferde sind die großen zentralasiatischen Steppen. An diesen Lebensraum sind auch unsere heutigen Sportpferde immer noch optimal angepasst. Wer seine Pferde tiergerecht füttern will, der/die muss nur einen Blick in die großen Steppen in Zentralasien werfen.  Dort wächst alleinig das Steppengras, genauer das spätblühende Federgras mit dem lateinischen Namen Stipa ser. Capillatae. Diesem Süßgras sind im laufe ihrer Evolution die asiatischen Steppenpferde bis nach Afrika einerseits und nach Osteuropa andererseits gefolgt und bei uns heimisch geworden. Und die Pferde sind dem Steppengras nur gefolgt, weil sie sich mit diesem Futter besonders gut vermehren konnten, denn die Urwildpferde aus Asien sind an die Steppe perfekt angepasst.

 

Pferde sind seit weit über 10.000 Jahren auf die alleinige Aufnahme des Steppengrases angepasst. Kräuter und energiereiche Pflanzen (Hafer, Gerste, Mais, Sonnenblumen, usw.) wachsen in der nährstoffarmen, trockenen und sehr wetterbeeinflussten Region ( -30°C – +20°C, ständige Windstärke 5 – 8 ) nicht. Nur Steppengras.

Was schliesst Ihr daraus?

  1. Kräuterheu? Braucht das Pferd nicht.
  2. Kraftfutter? Braucht das Pferd nicht.
  3. Kräutermüsli? Braucht das Pferd nicht
  4. Brauchen Pferde viel Abwechslung beim Futter? Nein, nur Gras oder Heu.
  5. Gras und Heu braucht das Pferd, täglich und ganztags, mindestens 12 h am Tag und keine Fresspause länger als 4 h.