Nitrat: Die unterschätzte Vergiftungsgefahr!

Mittlerweile gibt es mehr Tiervergiftungen durch Nitrat, als durch „klassische“ Giftpflanzen.

Eigentlich ist Nitrat (NO3) ein lebensnotwendiger Pflanzennährstoff und auch nicht giftig. Nur wenn Nitrat durch Massentierhaltung und industrielle Landwirtschaft in so hohen Mengen anfällt, dass die Landwirte Gülle und Biogas- Gärreste nicht als Dünger nutzen, sondern auf Ackerflächen und dem Grünland einfach nur entsorgen, dann findet sich das in der Gülle und in den Gärresten befindliche Nitrat ruck-zuck im Trinkwasser, in Gräben, Teichen und Flüssen wieder und die Pflanzen speichern sehr hohe Nitratmengen in ihren Stengeln.

Und genau hier beginnt das Problem für unsere Pferde: Sie reagieren ausgesprochen empfindlich auf überschüssiges Nitrat im Tränkwasser und im Futter. Nitrat ist heimtückisch. Es schädigt gleich dreifach:

  1. Entzündungen im Magen-Darm-Trakt
  2. Durchblutungsstörungen durch Blutdruckabfall
  3. Gestörte Sauerstoffbindung durch chemische Veränderung der Roten Blutkörperchen (Hämoglobinveränderung)

Bei übermäßiger Nitrataufnahme durch Pflanzen und Wasser führt es zu Verdauungsstörungen, Durchblutungsstörungen und zu Inneren Erstickungen, weil die Roten Blutkörperchen weniger und im Extremfall kein Sauerstoff mehr in die Muskeln und das Gehirn transportiert. Also immer bei nicht erklärbaren Verdauungsstörungen und Leistungsminderungen immer auch an eine schleichende Nitratvergiftung denken.

Saufen Pferde z.B. aus stehenden Gewässern Wasser mit hohen Nitratgehalten, kann dies innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen, die Tiere ersticken, obwohl sie übermäßig atmen. Das typische Innere Ersticken (Anomie).

Wenig Pferdehalter wissen, dass Pferde wesentlich empfindlicher auf Nitrat im Tränkwasser reagieren, als Menschen und denken bei unerklärlichen Leistungsminderungen und Verdauungsstörungen nicht an eine schleichende Nitratvergiftung, sondern reagieren mit einer höheren Kraftfutterfütterung, weil das Pferd so schlapp ist. Jetzt beginnt ein Teufelskreis: Gerade alle Kraftfutterpflanzen, wie z.B. auch Hafer, speichern besonders viel Nitrat. Die Pferde reagieren auf die höhere Kraftfuttergabe mit noch stärkerer Nitratvergiftung und noch schlechterer Leistungsfähigkeit. Spätestens jetzt reagiert manch Reiter/in in seiner Hilflosigkeit auch mit verstärkten, konsequenterem Training und zusätzlichen Energiegaben. Ein klassischer Teufelskreis der leicht in einem Desaster mit Kolik, Magengeschwüren, Kotwasser, Widersetzlichkeiten und einer nicht mehr angemessenen Hilfengebung führt.

Folgende Pflanzen speichern besonders viel Nitrat und problematisch in der Pferdefütterung:

Hafer, Gerste, Mai, Sonnenblumen, Rüben, Rote Beete, Möhren, Raps, Brennnessel. Gräser und Leguminosen sind schlechte Stickstoffsammler, wenn sie moderat gedüngt werden (50 – 70 kg N/Jahr/Hektar). Sehr viel Nitrat durch Nitrit ist in Futterkonserven, die während der Lagerung warm wurden!!!

Jeder, der kein Pferdefutter verkauft, weiß, dass die Samenqualität der Hengst durch Futter oder anderen Zusatzfuttermitteln nicht verbessert werden kann. Anstelle der teuren Zusatzfuttermittel, der Verkäufer ist glücklich, sollten Deckstellenbetreiber einfach einmal das Tränkwasser kontrollieren. In welchen Regionen das besonders wichtig ist, seht Ihr in der unten abgebildeten Karte des Umweltbundesamtes.

Folgende Grenzwerte werden in der Wissenschaft genannt:

NitratgehaltHäufigkeit in DeutschlandVergiftungssymptomeUrteil
0 - 25 mg/Liter60%keinebedenkenlos
25 - 50 mg/Liter20%Leistungsminderungen, Verdauungsprobleme, verminderte Samenqualität, untergewichtige FohlenSchleichende Vergiftung
50 mg/Liter und mehr20%Innere Erstickung (Anoxie), Koliken, Fohlenverluste durch Aborteakute, lebensbedrohende Vergiftung

 

Da nach Information des Umweltbundesamtes nur ca. 60 % des Grundwassers in Deutschland 0- 25 mg Nitrat/l enthält und ca. 40 %mit mehr als 25 mg Nitrat/l belastet ist, kann Grundwasser aus Hausbrunnen zum Tränken der Pferde nur nach sorgfältiger Untersuchung genommen werden. Die nachfolgende Landkarte des Umweltbundesamtes zeigt die größten Nitratrisikoregionen in Deutschland. Wenn die Nitrateinträge so rasant weitergehen, wie in der Vergangenheit, dann werden die Oldenburger ihre Pferde mit Mineralwasser tränken müssen.

Mehr Infos zu diesem Thema findet Ihr hier:

Ende Februar: Jetzt schon wieder an Bodenproben denken!

Sobald nach diesem Wintereinbruch die Böden wieder aufgetaut sind, kann und sollten Bodenproben vom Dauergrünland genommen werden.

Die LUFAs (Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalten) haben auf ihrer Internetseite hervorragende Anleitungen, wie die Bodenproben zu nehmen sind. Dabei ist sorgfältiges Arbeiten Pflicht, denn 300 – 500 g Boden geben die Realität einer ganzen Weide/ Wiese wieder.

Beim Dauergrünland für Pferde ist eine Standard- Bodenprobe absolut ausreichend. Standard- Bodenprobe bedeutet immer: P, K, Mg, pH- Wert für den Ca- Bedarf.

Eine Nmin- Untersuchung ist nicht notwendig. Bei der N- Düngung ist sowohl die Schonung der Umwelt, die Futtermittelqualität als auch die Ertragserwartung in eine vertretbare Balance zu bringen. Diese Abwägung ist ein typischer Prozess in der nachhaltigen Bewirtschaftung eines Betriebes. Es gilt die drei Faktoren Umwelt, Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen.

Als Idealdüngemenge eines Wachstumsjahres für den Pflanzennährstoff Stickstoff (N) gilt:

50 – 70 kg N/Jahr/Hektar

Alle angehenden Pferdewirtschaftsmeisterinnen/er, die in diesem Jahr ihr Projekt beginnen, sollten grundsätzlich alle Dauergrünlandflächen beprobten, damit, gleich wie das Projekt dann verläuft, immer auch Untersuchungswerte vorliegen. Sollte sich nämlich im Laufe des Projektes herausstellen, dass Bodenproben hätten vorliegen sollen oder müssen, sind diese nachträglich nicht mehr zu beschaffen. Im schlimmsten Falle muss das Projekt wiederholt werden.

Nehmen wir einmal an, zu einem bestimmten Zeitpunkt bekommen Eure Pferde Koliken oder Hufprobleme. Dann wäre es für Euer Projekt segensreich, mit dieser Situation umzugehen und diesen Prozess zu dokumentieren. Sichere und professionelle Aussagen sind dann aber nur zu machen, wenn genaue Aussagen zur Nährstoffversorgung des Grünlandes vorliegen. Und das geht ohne Bodenprobe nicht seriös.

Ich will auch darauf hinweisen, dass in vielen Fällen eine ordnungsgemäße Beprobung zur guten fachlichen Praxis eines Pferdebetriebes  und deshalb zur pflichtgemäßen Aufgabe des Betriebsleiters/in gehört. Und deshalb gehören Bodenproben zum Standardgeschäft und somit in ein Projekt, auch wenn es sich vorrangig nicht mit dem Grünlandmanagent beschäftigt.

Hier in der Eingangsbearbeitung landen Eure Bodenproben und werden in die Laborbehältnisse umgefüllt. Wer seine nicht lesbar und dauerhaft beschriftet hat, wird sie nie wiederfinden.

Praxistipp:

  • Hilfreich bei der Probennahme ist ein Grünland- Bohrstock, den die LUFA NRW für 45.- anbietet. Dort können gleich die kostenfreien Bodenprobentüten, Antragsformulare und Anleitungen mitbestellt werden.
  • Die regionalen LUFAs Eures Bundeslandes findet Ihr hier: www.vdlufa.de . Auf der Seite könnt Ihr dann auch sehen, ob es Probentüten, Abholpunkte gibt oder Infomaterial heruntergeladen werden kann.
  • Generell könnt Ihr jede LUFA in Deutschland nutzen. Dennoch empfehle ich den regionalen Anbieter, weil die Düngeempfehlungen dann auch regional sind, denn zwischen einer Marsch- und einer Almweide gibt es mehr als minimale Unterschiede. Und ob sich die Niedersachsen mit Almen auskennen?
  • Eine Bodenprobe (P,K,Mg,pH) kostet durchschnittlich zwischen 10 – 20 €.
  • Wenn Ihr Probleme mit der Probennahme habt, weil Euch die Erfahrung fehlt, dann fragt einfach mal bei einem gut arbeitenden Landwirtschaftsmeister nach. Der sagt Euch auch, um welche Bodenart es sich handelt.

Giftpflanzenbuch mit großem Update

Nach dem kompletten Update des Buches Giftpflanzen für Pferde ist in der zweiten Auflage jetzt die Pferdewirtprüfung (Bd. 10) -Giftpflanzen- entstanden. Nur mit dem Erscheinungsdatum 2018 und der ISBN 978-3746006864 habt Ihr die neue 2. Auflage in den Händen.

Ganze 9 Jahre hat es schon auf dem Buckel gehabt, das Buch Giftpflanzen für Pferde. Dringend nötig das große Update zur 2. Auflage 2018. Nicht nur das Äußere (Titel, Format, Farbe, Grafik) hat sich verändert und ist damit zum Band 10 der Reihe Pferdewirtprüfung geworden, sondern, und das ist viel wichtiger, der Inhalt wurde an die neuen Erkenntnisse der Toxikologie angepasst und neuere Entwicklungen für Pferdehalter in Specials zusätzlich in der brandneuen 2. Auflage aufgenommen:

  • Bei den Kreuzkräutern steht nicht so sehr die Giftigkeit der Kreuzkräuter im Vordergrund, das ist allgemein bekannt, im Fokus steht, wie Pferdehalter eine erfolgversprechende Kreuzkrautprophylaxe installieren können, um ihre Pferde zu schützen.
  • Völlig unterschätzt wird mehrheitlich in der Pferdehaltung die nicht unerhebliche Gefahr der Nitrat- Vergiftung. Ursächlich verantwortlich bei der oft schleichenden, meist übersehenen Nitratvergiftung ist die Überdüngung der Böden und Gewässer hauptsächlich durch die Massentierhaltung. Da, wo Gülle und Rückstände aus der Biogasproduktion nicht zur Düngung, sondern zur Entsorgung auf die ohnehin schon üppig versorgen Böden ausgebracht wird, reichern nicht nur das Bodenwasser, sondern auch viele Pflanzen große Nitratmengen an, die bereits in geringer Konzentration zu Vergiftungen führen, die mit Darmentzündungen und Leistungsminderungen beginnen. Es gibt Toxikologie die berichten, dass die Vergiftungen mit Nitrat ein größeres Ausmaß haben, als „klassische“ Vergiftungen durch Pflanzen.
  • In neuerer Zeit wird die „Zucht“ von bekämpfungsresistenten Giftpflanzen zu einem großen Problem. Durch nicht fachgerechten Einsatz von Herbiziden werden in der intensiven Landwirtschaft regelrecht resistente Biotypen gezüchtet, die sich dann ungehindert auf vielen landwirtschaftlichen Flächen ausbreiten können und nicht nur im Futter wieder auftauchen, sondern auch in Saatreife gelangen. Große Probleme gibt es bereits bei Kreuzkräutern und dem Schwarzen Nachtschatten.
  • Erinnert wird einmal mehr über die besondere Vorsicht von Pferdehaltern mit ihren Gartennachbarn. Immer öfter wird der Gartenschnitt über den Koppelzaun entsorgt. Das geht nicht selten tödlich aus.
  • Und natürlich gibt es klare Ratschläge, wie Pferdehalter ihr Pferd und später auch dem Tierarzt helfen können, wenn der Fall doch eintreten sollte, den sich keiner wünscht.
  • In der 2. Auflage wurden auch die Hunde der Pferdehalter nicht vergessen. Alle Pflanzen, die auch für Hunde problematisch werden können, sind, soweit bekannt, markiert.
  • In einem Teil werden diejenigen Pflanzen beschrieben, die Pferdehalter nach dem heutigen Wissensstand sorglos um ihre Weiden Pflanzen können. Hier eignen sich sehr gut sogenannte Knicks, also Hecken. Eine eindeutige WIN-WIN-Situation für Pferdehalter, Pferde und Natur und ein lupenreines Beispiel für Nachhaltigkeit, also die Vereinbarkeit von Ökonomie, Ökologie und Sozialem.

Die Beschäftigung mit diesem Praxisbuch für alle Pferdehalter ist geeignet, Pferdeleben zu retten, denn, da sind sich alle Toxikologie einig, 90% aller Vergiftungen hätten sich vermeiden lassen.

Die bibliografischen Angaben:

Dietbert Arnold: Pferdewirtprüfung (Bd.10) -Giftpflanzen-, (BOD) Norderstedt 2018, ISBN 978-3746006864

Erhältlich beim Verlag BOD, im Internethandel wie amazon, buecher.de, Hugendubel.de  sowie in jedem Buchladen zu bestellen.

Tipp: Bei der Bestellung erst auf das Erscheinungsjahr 2018 schauen und danach den günstigsten Preis (inclusive Porto und Verpackung) aussuchen. Nicht, dass Ihr noch ein altes Buch untergejubelt bekommt. Die Verwendung der alten Auflage kann aus fachlicher Sicht nicht mehr empfohlen werden!