Was ist eigentlich ein Qualitätshandbuch?

Es gibt verdeubelt viele Leute, die sich darüber aufregen, dass in Abschluss- und Meisterprüfungen doch tatsächlich Prüfer verlangen, dass Beiträge für ein Qualitätshandbuch, kurz auch Q- Handbuch, in der schriftlichen Prüfung verlangt werden.

Ob das wirklich nur Blödsinn oder einfach nur Teil einer fachgerechten Arbeit ist, das können wir hier einmal zusammen erörtern:

Immer wieder in der täglichen Arbeit gibt es Sachen, die einem gut oder weniger gut gelingen. Das ist im Betrieb und auch zuhause so. Oft werden Sachen neu ausprobiert, wiederum mit gutem oder weniger gutem Erfolg. Wenn dann aber etwas richtig gut gelingt, dann wäret Ihr und ich ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wennIhr Euch die Rezeptur, das Verfahren, das Hilfsmittel oder die hilfreiche Adresse eines Experten nicht notieren würdet: In einer Kladde, einem Ordner oder einer Datei. Und schon habt Ihr ein Qualitätshandbuch. Ein Eintrag im Qualitätshandbuch zu einer bestimmten Situation, die Euch hilft, beim nächsten Mal, vielleicht erst in einem Jahr, wiederrum erfolgreich das Problem zu lösen.

Auch ein Qualitätshandbuch: Damit die griechischen Hackbälle immer gleich gut sind, immer die selbe Qualität haben

Im Betrieb ist es das Q- Handbuch, bei Euch zuhause kann das z.B. Euer Notizbuch sein, in dem Ihr Euch besonders gut gelungene Kochrezepte eintragt oder das Büchlein mit den besten Tipps aus dem Urlaub, wie Hoteladressen, Mietwagenfirma, Buslinien, usw..

Jetzt lasst uns mal ein Pferdebeispiel aus dem Betrieb nehmen: Pferd hat Mauke. Jeder hat einen anderen Vorschlag. Was Mauke wirklich ist, das ist auch nicht so sicher und zum Schluss probieren alle irgendetwas irgendwie aus. Wenn ein Betrieb ein funktionierendes Qualitätsmanagement besitzt, dann setzen sich zu festgesetzten Terminen, z.B. jeden Mittwochnachmittag, alle im Betrieb, vom Chef bis zum Azubi, zusammen und besprechen anstehende Probleme. Hier z.B. die sehr variantenhaltige und wahrscheinlich nicht erfolgreiche Maukebehandlung. Als Ergebnis einigen sich alle Beteiligten auf ein Verfahren und auf eine weitere Besprechung darüber in zwei Wochen. Es wurde also etwas geplant (die Maukebehandlung) und es wird etwas durchgeführt (die Maukebehandlung). Nach zwei Wochen treffen sich Mittwochnachmittag alle wieder, schauen sich das Pferd an und stellen fest, dass diese Methode prima angeschlagen hat. Die Nachprüfung oder der Check hat ergeben, wie erfolgreich Mauke behandelt wurde. Die Beteiligten einigen sich (umsetzen) auch noch, dass das nötige Material, z.B. eine Salbe, Verbandmaterial, usw., beschafft und ein Mauke- Erste- Hilfe- Kasten im Stallbüro eingerichtet wird. Gleichzeitig wird festgelegt, wer jetzt „Maukebeauftragte/r“ ist. Damit dieses Wissen, die Behandlung der Mauke sowie der Inhalt des Mauke- Erste- Hilfe- Kastens nicht vergessen wird und jeder jetzige aber auch kranke oder zukünftige Mitarbeiter nachlesen kann, wie in diesem Stall die Mauke ab sofort behandelt wird, gibt es einen Eintrag im Qualitätshandbuch. Gleichzeitig mit dem möglichst leicht zu lesenden Handbuch- Eintrag wird das Inhaltsverzeichnis aktualisiert. Schließlich soll jeder Mitarbeiter den Beitrag, praktisch die Betriebsanleitung, sofort finden. Klar ist auch, dass das Q- Handbuch an einer immer gleichen, zentralen Stelle steht, damit die Mitarbeiter mal eben reinschauen können.

 

Ganz wichtig: Das Q- Handbuch ist keine langatmige Abhandlung, viel besser sind Ablaufdiagramme oder Stichworte und konkrete Hinweis, wie z.B.: Wann ist der Tierarzt zu rufen, wann der Besitzer zu informieren, usw..

 

Ein Beitrag im Q- Handbuch ist also nichts anderes als eine „Betriebsanleitung“, wie in einer bestimmten Situation, z.B. Kolikverdacht, Fütterung, Lüftung, Reinigung, Neueinsteller, Unfall, Weidedüngung, usw., zu handeln ist. Also ganz praktisch, betriebsbezogen.

 

Ein Q- Handbuch ist immer fimentypisch und zeigt, wie die Verantwortlichen ihren Betrieb geführt haben möchten. Dabei ergeben sich auch Schwerpunkte, die für Kunden von entscheidendem Interesse sind: Ist das ein nachhaltig wirtschaftender Betrieb? Ist das ein hygienisch arbeitender Betrieb? Wie werden Pferde dort ausgebildet, welchen Stellenwert besitzt der Tierschutz, ist es üblich Schlaufzügel zu benutzen, wie wird das Stallklima geführt, wie die Weiden gedüngt, wie bei Kolikverdacht vorgegangen oder welche Fütterungsphilosophie steckt dahinter? Diese Liste ist schier unendlich und das ist Eure Aufgabe im Projekt: Welche Schwerpunkte und Verfahren plant Ihr? Mit welchen Punkten wollt Ihr bei Kunden punkten und Euch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den zahlreichen Mitbewerbern schaffen bzw. kostendeckende Angebote durchsetzen?

Und ganz zum Schluss muss nun noch gesagt werden, dass die einmalige Beschäftigung, in unserem Beispiel die Mauke, natürlich nicht ausreicht, denn an einem Mittwochnachmittag, vielleicht nach einem Jahr, macht ein Kollege den Vorschlag, doch einmal etwas an der Maukebehandlung zu ändern, weil es da was erfolgversprechenderes geben soll. Also dreht sich der sog. Qualitätszirkel wiederum: planen (plan), machen und ausprobieren (do) und überprüfen (check) und umsetzen (act). Das Ergebnis kann sein, dass der alte Q- Handbucheintrag so bleibt wie er war, oder aber verändert, verbessert wird. Und siehe da, im Betrieb gibt es ein funktionierendes Qualitätsmanagement mit einem ständig „drehenden“ Qualitätszyklus: Lebenslanges Lernen!

 

Es gibt einen weiteren Vorteil eines Qualitätshandbuches. Daher kommt der Name Qualität im Handbuch: Wenn sich alle Mitarbeiter an das Qualitätshandbuch halten, dann wird, wir bleiben bei unserem Beispiel, jede Mauke von jedem Mitarbeiter im Stall, vom Chef bis zur Aushilfe, in derselben Qualität behandelt. So wie es der Betrieb seinen Kunden versprechen und mit diesem Versprechen auch Werbung machen kann. Dabei ist Qualität nicht gleichbedeutend mit gut. Wenn sich ein Betrieb auf einen schlechten Standard im Q- Handbuch geeinigt hat, dann stimmt zwar die versprochene Qualität, das muss noch lange nicht gut, sachgerecht, erfolgreich und kundenorientiert sein. In diesem Sinne ist das Q- Handbuch DIE Visitenkarte eines Pferdebetriebes. Ihr als zukünftige Führungskräfte könnt es sein, die die Verantwortung für die Inhalte und die Ausrichtung eines Q- Handbuches tragt.

Betriebsabläufe in einem Q-Handbuch können ideal als Ablaufdiagramm gestaltet werden. Hier üben Azubis das Verfahren.
Ein Ablaufdiagramm macht die Entwurmungsstrategie eines Betriebes rasch deutlich und ist die „Gebrauchsanweisung“ für alle Mitarbeiter. Ablaufdiagramme haben den Vorteil, dass sie wesentlich besser und schneller die Mitarbeiter informieren, als langatmige Texte. Ihr könnt ein Ablaufdiagramm mit der Hand zeichnen oder aber mit ganz vielen Computerprogrammen. Die passenden Formen und Pfeile findet Ihr in fast allen Programmen.

Und warum sollen nun Azubis Beiträge für ein Q- Handbuch schreiben? Ganz einfach: Anstelle irgendwelche Wochen- und Erfahrungsberichte abzuschreiben, macht es viel mehr Sinn, Azubis mit in den Betrieb einzubinden und sie mit einer sinnvollen Tätigkeit, die dem gesamten Betrieb zu Gute kommt, lernen zu lassen. Nicht Bulimielernen sondern handlungsorientiert Aufgaben lösen. Und so ganz nebenbei ist dieses verantwortliche Lernen eine Wertschätzung der Chefs bzw. Führungskräfte für die Mitarbeiter. Mal richtig Verantwortung übernehmen, gefordert sein und nicht nur tägliches, abstumpfendes Misten. Und nur zufriedene Mitarbeiter bringen einen Betrieb weiter. Und zu Euch als zukünftige Führungskräfte: Chefs scheitern an ihren Mitarbeiter. Pflegt sie, lasst sie nicht nur misten.

Was ist eine Dokumentation

Bei einem Meisterprojekt besitzt die Dokumentation eine ganz wichtige, durchaus prüfungsentscheidende Funktion. Da kein Prüfer das Projekt ein Jahr Tag und Nacht beobachten will und kann, ist die Dokumentation der Beleg für das selbständig durchgeführte Projekt. Vergleichbar mit einem Fahrtenbuch beim Autofahren. Stimmen Projekt und Projektdokumentation nicht überein, werden Prüfer entweder von einer nicht fachgerechten Projektdurchführung oder eventuell von einem Täuschungsversuch ausgehen. Beides macht die bestandene Meisterprüfung nicht wahrscheinlich.

Aber wie soll denn nun eine Dokumentation aussehen?

  1. Dokumentation bedeutet in der Projektarbeit, sämtliche Ereignisse, Beschlüsse, Schritte und Maßnahmen zu beschreiben, die während des Projektzeitraums getroffen wurden.
  2. Das Ziel dieser Form der Dokumentation ist die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen für den Prüfungsausschuss.
  3. Eine fachgerechte Dokumentation beschreibt Ziele (warum?), Methoden (wie?), den Zeitablauf (wann?) sowie nennt alle eingesetzten Hilfsmittel (womit?).
  4. Wichtige Qualitätsmerkmale einer Dokumentation sind: Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Korrektheit, Editierbarkeit (bearbeiten und in veröffentlichungsfähige Form bringen, herausgebbar machen), Nachvollziehbarkeit, Prüfbarkeit, Integrität/Authentizität (z. B. Änderungshistorie), Aktualität, jederzeit durch Prüfer einsehbar.
  5. Zur Dokumentation gehören immer auch die Darstellung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, z.B. ein Qualitätshandbuch, sowie die Aufstellung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsindikatoren, denn Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit sind hochrangiges Ziel in der Pferdewirtschaftsmeister/in- Verordnung!

Ohne Waage geht gar nicht!

 

Eine Personenwaage, die darf ruhig älter und auch schlicht sein, gehört zur Grundausstattung eines jeden Pferdestalles. Nicht um das Gewicht des Stallpersonal zu kontrollieren, sondern um das Grundfutter zu wiegen. Ohne genaue Kenntnis der Grundfuttermasse ist eine gezielte Fütterung nicht möglich und bleibt laienhaft!

So geht es:

  1. Ihr steigt auf die Personenwaage und merkt Euch Eure Körpermasse.
  2. Ihr schnappt Euch das Futter, z.B. Heu und steigt wieder auf die Waage
  3. Die Differenz zwischen 1. und 2. Messung ist die Grundfuttermasse.

Die exakte Dosierung der Grundfuttermasse ist die Voraussetzung, die Futtermittelmenge überhaupt steuern zu können. Das Wiegen verhindert, dass Ihr Euch böse verschätzt. Fast immer, das sind meine Erfahrungen, wird viel zu wenig den Pferden vorgelegt, weil Ihr ganz oft die von Euch zugeteilte Grundfuttermenge  überschätzt. Weiterhin ist eine Kostenkalkulation und eine Vorratshaltung nur denkbar, wenn Ihr die Futtermittelmenge exakt bestimmt. Eine optimale Abstimmung der Futtermenge an die geleistete Arbeit sowie die Körpermasse, wenn Euer Pferd zu dünn und zu dick werden sollte, ist ohne exaktes Wiegen der Futtermittelmengen nicht möglich. Zum Wiegen gehört aber auch immer die Dokumentation. Also Ihr notiert Euch, was Ihr täglich an jedes Pferd verfüttert. Das ist dann schon ein Beitrag zum Qualitätshandbuch eines funktionierenden Qualitässichersicherungssystems. Aus Qualitätshandbuch wird dann deutlich, wann und welche Mengen Ihr an welches Pferd gegeben habt und, auch das gehört in das Qualitätshandbuch, warum Ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt die Fütterung verändert habt und welches Ergebnis das gezeigt hat. Das kann natürlich alles in Stichworten geschehen. Und schon könnt Ihr ausgesprochen glaubhaft Euer Projekt dokumentieren. Und so ganz nebenbei könnt Ihr rechtzeitig beobachten, ob Euer Pferd plötzlich weniger Appetit zeigt und sich Auswirkungen von Überforderungen und Stress zeigen oder/und sogar eine Kolik im Anzug ist.